Wegen ihres großen Potenzials, die Leistungsfähigkeit von Standardcomputern bei bestimmten Aufgaben zu übertreffen, hat die Quanteninformationsverarbeitung die Aufmerksamkeit vieler WissenschafterInnen auf sich gezogen. Eines der wesentlichen Merkmale für die Verwirklichung eines Quantencomputers ist die Quantenverschränkung. Diese beschreibt einen Effekt, bei dem mehrere Quantenteilchen auf komplizierte Weise miteinander verbunden sind. Wird ein Teilchen durch eine Messung von außen beeinflusst, so ändert sich auch der Zustand des mit ihm verschränkten Teilchens, ganz gleich, wie weit diese auch voneinander entfernt sein mögen. Um das Vorhandensein dieser essentiellen Quanteneigenschaft in Quantensystemen nachzuweisen entwickeln viele WissenschafterInnen neue Techniken. Effiziente Methoden wurden für Systeme mit nur wenigen Quantenbits, den Grundeinheiten der Quanteninformation, zwar bereits getestet, allerdings erfordert die technische Umsetzung eines Quantencomputers weitaus größere Quantensysteme. Mit den herkömmlichen Methoden wird die Überprüfung der Verschränkung in großen Systemen jedoch schwierig und zeitaufwendig, da viele wiederholte Testreihen erforderlich sind.
Aufbauend auf einem kürzlich vorgestellten theoretischen Konzept hat ein Team von experimentellen und theoretischen PhysikerInnen der Universität Wien und der ÖAW unter der Leitung von Philip Walther und Borivoje Dakić gemeinsam mit KollegInnen der Universität Belgrad erfolgreich den Beweis erbracht, dass Verschränkungen überraschend effizient und in sehr kurzer Zeit nachgewiesen werden können. Somit wird ihre Methode auch auf große Quantensysteme anwendbar. Um die neue Technik zu testen, erzeugten sie im Experiment ein Quantensystem aus sechs verschränkten Photonen. Die Ergebnisse zeigen, dass nur wenige Testreihen ausreichen, um das Vorhandensein von Verschränkungen mit extrem hoher Sicherheit, bis zu 99,99 Prozent, zu bestätigen.
Die wissenschaftlich geprüfte Methode kann auch so veranschaulicht werden: Nachdem ein Quantensystem im Labor erzeugt wurde, wählen die WissenschafterInnen sorgfältig spezifische Quantenmessungen aus, die dann am System durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Messungen führen dazu, dass das Vorhandensein von Verschränkungen entweder bestätigt oder verneint wird. "Es ist irgendwie so, als würde man dem Quantensystem bestimmte Ja-Nein-Fragen stellen und die erhaltenen Antworten aufschreiben. Je mehr positive Antworten gegeben werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das System Verschränkungen aufweist", sagt Valeria Saggio, Erstautorin der in Nature Physics erschienen Publikation. Überraschenderweise ist die Anzahl der benötigten Fragen und Antworten extrem gering. Die neue Technik erweist sich im Vergleich zu herkömmlichen Methoden als um Größenordnungen effizienter.
Darüber hinaus ist die Anzahl der benötigten Fragen in bestimmten Fällen sogar unabhängig von der Größe des Systems, was das Potenzial der neuen Methode für zukünftige Quantenexperimente untermauert.
Während die technische Umsetzung eines Quantencomputers immer noch vor verschiedenen Herausforderungen steht, können neue Fortschritte wie der effiziente Nachweis von Verschränkungen das Feld einen weiteren Schritt vorantreiben und so zur Weiterentwicklung der Quantentechnologien beitragen.
Publikation in Nature Physics
“Experimental few-copy multipartite entanglement detection”,
Valeria Saggio, Aleksandra Dimić, Chiara Greganti, Lee A. Rozema, Philip Walther, and Borivoje Dakić, Nature Physics, 24 June 2019;
DOI: 10.1038/S41567-019-0550-4